Die Geschichte der Stadtwerke Remscheid im Detail

Die Remscheider Straßenbahn ein vielversprechender Beginn

Die Entwicklung Remscheids im letzten Quartal des 19. Jahrhunderts ist eng mit dem Namen des Kaufmanns und Industriellen Robert Böker (1843 – 1912) verbunden. Bereits 1874 berief ihn die Stadt in die Deputation für das 1863 gegründete Gaswerk, dessen Leiter er später wurde. Am Ende des folgenden Jahrzehnts finden wir Böker als treibende Kraft bei der Errichtung der Eschbachtalsperre und der Remscheider Straßenbahn.

Seit den 1890er Jahren wurde der Schienenverkehr in Deutschland von staatlicher wie privater Seite aus in großen Schritten vorangetrieben. Der spätere Kommerzienrat Böker hatte auf Reisen, die ihn bis in die USA geführt hatten, verschiedene dieser Bahnen kennengelernt. Am 31. Dezember 1891 legte er in überzeugender Weise den Remscheider Stadtverordneten einen Antrag zur "Anlage einer elektrischen Straßenbahn" vor. Ein halbes Jahr später, am 27. Juni 1892, konstituierte sich die Remscheider Straßenbahn AG, die umgehend den Auftrag zum Bau der Gleis- und Oberleitungsanlagen an die „Union Elektricitäts-Gesellschaft“ (UEG) in Berlin vergab. Die UEG erhielt u. a. wegen ihrer Erfahrungen im Bau von Steilstrecken den Zuschlag.

Noch im Spätsommer 1892 begannen die Arbeiten an den ersten beiden Strecken Alleestraße – Bliedinghauser Straße und Bahnhof Vieringhausen – Hastener Straße sowie an der Wagenhalle mit „Kraftstation“. Die meterspurigen Strecken kreuzten sich am Markt. Bemerkenswert war das Steigungsverhältnis, das die Bahn an der Bismarckstraße überwinden musste. Mit einer Steigung von 1:9,26 wurde die Remscheider Straßenbahn zur steilsten Adhäsionsbahn Deutschlands.

Die ersten sieben Straßenbahnwagen – die Wagenkästen stammten von der Waggonfabrik Herbrand in Köln-Ehrenfeld, die Bergische Stahlindustrie stellte die Fahrgestelle und besorgte die Endmontage, die UEG lieferte die elektrische Ausrüstung – waren bis zum Juni 1893 fahrbereit. Am 30. Juni konnte die erste amtliche Probefahrt stattfinden. Der „Remscheider General Anzeiger“ berichtete davon:

„Remscheid, 30. Juni 1893. Heute früh zwischen 4 und 5 Uhr hat auf der Remscheider Straßenbahn eine Probefahrt stattgefunden, die von der Kraftstation aus über den Markt nach dem Rathause und zurück ging. Es haben an dieser Probefahrt, deren Ergebnis ein sehr befriedigendes gewesen ist, teilgenommen der Vorstand der Straßenbahngesellschaft und einige andere Herren. Beantragt ist, dass die landespolizeiliche Abnahme der Strecke am Samstag, 8. Juli, stattfinden soll. Bereits an den darauf folgenden (Kirmes-) Tagen werden Fahrten zwischen Hasten und Remscheid und zwischen Schüttendelle und Remscheid stattfinden, während die Strecken Bismarck- und Alleestraße erst später dem öffentlichen Verkehr übergeben werden sollen.“

Die offizielle Eröffnung der Bahn fand am 9. Juli 1893 statt. Bereits rund 2.600 Personen benutzten an diesem Tag die Wagen, obwohl aufgrund der Remscheider Kirmes ein Betrieb nur auf den Außenstrecken möglich war.


Konsolidierung und weiterer Ausbau

Den ersten knapp acht Kilometern Straßenbahngleis sollten bald weitere folgen. 1898 wurde die Verbindung nach Güldenwerth hergestellt, seit Mitte Dezember 1900 pendelten die Triebwagen von Bliedinghausen bis Dicke Eiche. Auch der Wagenpark wuchs kontinuierlich. 1897 waren bereits 18 Triebwagen im Einsatz, mit denen ab der Mittagszeit im 10-Minuten-Betrieb gefahren wurde. Die Remscheider Bahn profitierte in dieser Zeit auch von den Reisenden, die nach Fertigstellung der Müngstener Brücke im Jahr 1897 direkt über Solingen in die Werkzeugstadt gelangten und sich für ihren weiteren Weg der Straßenbahn bedienten. Insgesamt herrschte am Fin de Siècle im Zusammenspiel von Straßen-, Staats- und Privatbahnen ein reger Bahnverkehr in der Region. Zu diesem Netz gehörte zum Beispiel die Wermelskirchen-Burger-Eisenbahn durch das Eschbachtal oder die Ronsdorf-Müngstener-Bahn, die am Morsbach entlang führte.

Bei der Remscheider Straßenbahn deutete sich bereits zwei Jahre nach der Inbetriebnahme eine Erweiterung ihrer Aufgaben an. 1895 begann mit der Abgabe von Kraftstrom an Gewerbetreibende der Aufbau der Stromversorgung Remscheids. Die elektrische Straßenbeleuchtung und Strom für Privatkunden kamen kurz nach der Jahrhundertwende als neue Tätigkeitsfelder hinzu. Im Jahr 1908 erwarb die Stadt die Aktien der Bahn und führte den Betrieb unter dem Namen „Elektrizitätswerk und Straßenbahn der Stadt Remscheid“ weiter. Die Streckenlänge der Bahn betrug in diesem Jahr 12,7 Kilometer. 1918 verschmolzen E-Werk und Straßenbahn sowie Gas- und Wasserwerk. Es entstanden die „Städtischen Werke Remscheid“, die das Trinkwasser weiterhin aus den eigenen Talsperren im Eschbach-, Panzer- und Neyetal förderten, die Stromversorgung jedoch zunehmend durch Lieferverträge mit dem Rheinisch-Westfälischen-Elektrizitätswerk sicherten. Die Kraftstation der Straßenbahn wurde 1923 stillgelegt.

Am 24. September 1923 musste der Straßenbahnbetrieb wegen exorbitanter Verluste aufgrund der Inflation bis zum 16. März 1924 eingestellt werden. 1925 wurde der Betrieb von Schleif- auf Scherenbügelabnehmer umgestellt, gleichzeitig der Beiwagenbetrieb eingeführt. 1927 gingen schließlich die ersten Autobuslinien in Betrieb. An der Neuenkamper Straße konnte man 1929 die Fertigstellung einer neuen Wagenhalle feiern. Die Depots an der Kölner- und Honsberger Straße wurden daraufhin aufgegeben. Durch Erweiterung der Strecken in den Grenzgebieten zu anderen Gemeinden wuchs das Schienennetz im Jahr 1929 auf eine Länge von rund 55 km an.

1930 wurden neue Triebwagen in Ganzstahlbauweise angeschafft. Die Autobusse mit Otto-Motoren fuhren seit 1939 aufgrund der Kraftstoffrationierung mit Flaschengas. Dennoch machten sich bereits kurz nach Kriegsbeginn erste Verkehrseinschränkungen bemerkbar. 1942 wurden pro Monat nur noch 1.700 l Dieselöl zugewiesen, vor dem Krieg waren es 10.000 l gewesen. Trotz Flaschengas- und Stadtgasbetrieb musste der Autobusverkehr stark eingeschränkt werden. Bei dem Großangriff 1943 wurden die Wagenhalle, 22 von 34 Straßenbahnen und die Gleis- und Oberleitungsanlagen so stark beschädigt, dass der Verkehr im Innenstadtbereich zum Erliegen kam. 1944 übernahm die Straßenbahn die Beförderung der Paketpost und 1945 Kohlentransporte aus dem Ruhrgebiet. In den 50er Jahren begann die Streckenstillegung der Straßenbahn. 1956 hatte das Autobusliniennetz eine Ausdehnung von 164 km erreicht und bereits zwei Jahre zuvor die Beförderungsleistung der Straßenbahnen übertroffen. Der Verkehrsknotenpunkt Friedrich-Ebert-Platz wurde 1958 eröffnet, gleichzeitig war der Umbau der „alten“ Bismarckstraße mit dem ehemals steilsten Streckenabschnitt fertiggestellt. Am 10. April 1969 endete mit Sonderfahrten auf der Linie 3 – Hasten-Ehringhausen – das Zeitalter der Straßenbahn in Remscheid. Autobusse nahmen nun endgültig ihren Platz ein. Im Jahr 1972 wurde deshalb eine neue Autobushalle auf dem Betriebshof Neuenkamper Straße eingeweiht. 70 Zweiachs- und 24 Großraum-Gelenkbusse verkehrten auf einem Liniennetz von 228 km.

Am 1. Januar 1980 startete der Verkehrsbund Rhein-Ruhr (VRR). In ihm waren 19 Verkehrsunternehmen an Rhein und Ruhr sowie 24 Städte und Kreise vertreten. Der VRR zeichnete sich durch einen einheitlichen Flächentarif, einen Verbundfahrplan, Taktfahrpläne, ein integriertes Informations- und Leitsystem sowie eine einheitliche Marketing- und Öffentlichkeitsarbeit aus. Möglich war nun die Benutzung aller Verkehrsmittel im Verbundgebiet mit nur einem Ticket. Bereits im ersten Jahr seines Bestehens gewann der neue Verbund 7,5 Prozent Fahrgäste hinzu.

Um den gestiegenen Anforderungen in Remscheid gerecht zu werden, erfolgte bis 1985 die bauliche Neuordnung des zentralen Omnibus-Bahnhofes Friedrich-Ebert-Platz. Auch der Betriebshof Neuenkamper Straße wurde ab 1988 neu gestaltet und erweitert. Der letzte Bauabschnitt, die neue Wagenhalle, konnte im September 1993 in Betrieb genommen werden.

Zeittafel zur Geschichte der Remscheider Stadtwerke

JAHR

EREIGNIS

2012Im Januar 2012 startet bei der EWR das Online-ServiceCenter. Im neuen Online-ServiceCenter können EWR-Kunden jetzt rund um die Uhr viele praktische Dinge einfach und schnell vom heimischen PC aus selbst erledigen.
2011Im Dezember 2011 wird der EWR-OnlineShop "eröffnet". Er bietet viele Energieeffizienz-Produkt in den Rubriken Energiesparlampen sowie Wasser, Strom und Heizkostensparen an. Dazu wird auch angegeben, wie viel Geld und CO2 mit dem jeweiligen Produkt eingespart werden können.
2011Das erste Micro-BHKW wird am 24.11.2011 von der EWR GmbH, in Kooperation mit dem Hersteller und dem örtlichen Handwerk, als Demonstrationsprojekt in einen Einfamilienhaus in Remscheid in Betrieb genommen.
2011Am 20.10.2011 beteiligt sich die EWR GmbH an der THEE (Thüga Erneuerbare Energien GmbH & Co. KG).
2010Am 06.04.2010 gründen 26 Stadtwerke und RWE Innogy die Green GECCO Beteiligungsgesellschaft GmbH & Co. KG. Zu den Stadtwerken gehört auch die EWR GmbH. Danach kommen weitere Stadtwerke hinzu.
2009Die Stadtwerke Remscheid GmbH gehört zum Gesellschafterkreis der KOM9. Am 01.12.2009 erfolgt der Erwerb der Thüga AG durch das Erwerberkonsortium KOM9 / Integra.
2006Übernahme eines Aktienpaketes (33,9 %) der GEWAG Wohnungsaktiengesellschaft Remscheid von der Stadt Remscheid.
2005Das Sauna- und Badeparadies H2O firmiert am 01.04.2005 als eigenständige Gesellschaft H2O GmbH.
2004Die Park Service Remscheid GmbH (PSR) nimmt am 01.07.2004 ihren Geschäftsbetrieb auf und ist mit zwei eigenen Parkhäusern und drei gepachteten Objekten für das Parken in Remscheid zuständig. Für vier weitere Objekte werden Dienstleistungen erbracht.
2003Am 18.11.2003 beteiligt sich die RWE Rhein-Ruhr AG (jetzt firmierend als RWE Deutschland AG) mit 25% an der Stadtwerke Remscheid GmbH.
2001Am 6. November 2001 wird die EWR GmbH, Tochtergesellschaft der Stadtwerke Remscheid GmbH für die Versorgung mit Energie und Trinkwasser, in das Handelsregister eingetragen. An der EWR GmbH sind die Ruhrgas-Energie-Beteiligungs-AG (heute Thüga AG) mit 20 Prozent, die Stadtwerke Remscheid GmbH mit 80 Prozent beteiligt. Bei der Muttergesellschaft verbleiben die Bäder sowie der Verkehrsbetrieb.
1998Das Sportbad am Park öffnet seine Pforten. Es steht in erster Linie Schulen und Vereinen für das Sportschwimmen zur Verfügung.
1996Das Gartenhallenbad Lennep wird nach umfangreichen Erweiterungsmaßnahmen als Sauna- und Badeparadies H2O neu eröffnet. Es ist ein attraktiver Ersatz für die vier Stadtbäder, die geschlossen werden.
1995Kauf der städischen Anteile (24,97 %) an der AWG Abfallwirtschaftsgesellschaft mbH Wuppertal und Gründung der BEG Bergische Entsorgungsgesellschaft mbH gemeinsam mit der Wuppertaler Stadtwerke AG (SR-Anteil: 45 %).
1995Die Stadtwerke Remscheid GmbH erwirbt die Stromnetze in Lennep, Lüttringhausen und Bergisch Born der RWE AG. Die vier Stadtbäder an der Freiheitsstraße, in Hasten (Lehrschwimmbecken), in Lüttringhausen und Lennep werden auf die Stadtwerke übertragen.
1975Bei der zweiten kommunalen Neugliederung wird Bergisch Born nach Remscheid eingemeindet.
1971100%iger Anteilseigner der Stadtwerke Remscheid GmbH ist die Stadt Remscheid.
1964Die Stadtwerke Remscheid werden in die Holding Stadtwerke Remscheid GmbH, Remscheider Versorgungsbetriebe AG und Remscheider Verkehrsbetriebe AG umgegründet.
1950Seit diesem Jahr gehört auch das seit 1920 an die Stadt Barmen verpachtete Gas- und Wasserwerk Lennep zu den Remscheider Stadtwerken.
1939Seit dem 1. Januar 1939 gilt die reichseinheitliche Bezeichnung "Stadtwerke Remscheid, Versorgungs- und Verkehrsbetriebe". Die Stadtbäder werden wieder der Stadt Remscheid übertragen.
1934Das seit 1913 an die Bergischen Licht- und Kraftwerke verpachtete Gaswerk Lüttringhausen wird ebenfalls integriert.
1929Erste kommunale Neugliederung: Durch die Eingemeindung der Städte Lennep und Lüttringhausen erhält Remscheid den Status einer Großstadt.
1918Mit dem Zusammenschluss von Elektrizitätswerk und Straßenbahn sowie den Gas- und Wasserwerken entsteht das Unternehmen "Städtische Werke Remscheid".
Auch die städtischen Bäder und das 1912 als erstes Strandbad Deutschlands eröffnete Bad im Eschbachtal werden eingebracht.
1908Nach Auflösung der Straßenbahn AG lautet die neue Firmierung "Elektrizitätswerk und Straßenbahn der Stadt Remscheid".
1893Die Remscheider Straßenbahn Aktiengesellschaft nimmt am 9. Juli den planmäßigen Betrieb auf.
1888Das Gaswerk Lüttringhausen wird gegründet.
1884Das Gaswerk Remscheid wird zum Gas- und Wasserwerk Remscheid erweitert.
1883Das Gaswerk Lennep wird zum Gas- und Wasserwerk Lennep erweitert.
1880Das Gaswerk Lennep wird von der Stadt Lennep übernommen.
1863Das Gaswerk Remscheid wird gegründet.
1843Gründung des Gaswerks Lennep durch die Lenneper Gasbeleuchtungsgesellschaft. Damit entsteht die Keimzelle der heutigen Stadtwerke Remscheid GmbH.